Raabeblog: Kritik an der Fußball-WM in Russland

Schon länger gibt es Vorwürfe an die FIFA, aufgrund der Vergabe des WM-Austragungsortes dieses Jahr, Russland. Dabei geht es um die Menschenrechte und die fragwürdige Demokratie dort. Nun wird die WM von der britischen sowie der isländischen Regierung boykottiert. Warum, erfahrt ihr in diesem Artikel.

An der Art, wie Menschenrechte in Russland gehandhabt werden, gibt es einige Kritik. So behandelt die Menschenrechtsbeauftragte dort, eine Militärangehörige, vor allem sozial-ökonomische Themen wie die Wohnungsverwaltung und die richtige Zahlung der Gehälter an die Bevölkerung. Für diese stehen solche Dinge im Vordergrund. Dies hat auch mit der sowjetischen Tradition zu tun: Menschenrechte bedeuten soziale Garantien, dafür sollte der Staat sorgen. Politische Rechte, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit werden hintenangestellt und stark eingeschränkt. Auch das Recht auf freien Zugang zu Informationen wird nicht erfüllt.

Trotzdem wurde der Präsident, Wladimir Putin, im März für weitere sechs Jahre wiedergewählt. Unabhängige Beobachter sprachen allerdings von versuchten Manipulationsversuchen, sowie von ausgeübtem Druck auf kritische Stimmen im Vorfeld der Wahl. Alexei Nawalny, ein bekannter Oppositionspolitiker, wurde gar nicht zur Wahl zugelassen, wegen eines, laut des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte „willkürlichen“, Prozesses. Die Regelung, dass Vorbestrafte nicht als Präsident kandidieren dürfen, wurde erst während des Prozesses gegen Nawalny eingeführt. Dieser wäre wohl derjenige gewesen, der Putin am ehesten in seiner Wiederwahl gefährdet hätte.

Weitere Menschenrechtsverletzungen gab es im direkten Zusammenhang mit der WM: Es wurde von FIFA-Chef Infantino bestätigt, dass nordkoreanische Arbeiter unter „oft entsetzlichen“ Bedingungen beim Stadionbau in St. Petersburg gearbeitet hätten. Sie müssten in überfüllten, kalten Containern schlafen, und ihr Gehalt sei größtenteils an die nordkoreanische Regierung geflossen.

Der aktuellste Bezug zur WM in Russland findet sich allerdings bei einem Giftanschlag auf einen ehemaligen russischen Agenten, welcher für die Briten tätig war, dafür in Russland verurteilt wurde, und schließlich durch einen Gefangenenaustausch nach Großbritannien gelangen und dort Asyl finden konnte: Sergej Skripal. Er und seine Tochter wurden Anfang März vergiftet, vermutlich mit einem Nervengift, welches laut Großbritannien und der OPCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) ursprünglich in der Sowjetunion entwickelt wurde. Außerdem handele es sich aufgrund von Art und Reinheit des Giftes vermutlich um einen Anschlag, dessen Ursprung staatlich sei. Russland allerdings bestreitet, dass es sich um dieses Gift handele, sondern um eines, das man im Arsenal westlicher Länder finden könne.

Die Folgen dieses Anschlags beziehen sich z. T. auf die WM: Zum einen wurden sowohl russische Diplomaten aus Großbritannien und über 20 anderen Staaten ausgewiesen, darunter auch aus Deutschland und den USA, im Gegenzug wies Russland ebenfalls Diplomaten aus, vor allem britische, aber z. B. auch amerikanische und deutsche. Zum anderen beschlossen Großbritannien und Island, dass Regierungsmitglieder (und Mitglieder des britischen Königshauses) die WM boykottieren werden. In Deutschland wird diese Möglichkeit allerdings noch nicht in Betracht gezogen.

Insgesamt gibt es also allgemeine Kritik an Russland, was Menschenrechte und die Demokratie betrifft, aber auch konkrete, auf die WM bezogene, wie im Falle des Stadionbaus, auch wenn erst nach dem Anschlag auf  Sergej Skripal Konsequenzen für die WM gezogen wurden.

Caroline Diekmann